Und dann ging alles ganz schnell: Gestern verkündete NRW-Ministerpräsident Armin Laschet einen mehrstufigen Plan für umfangreiche Lockerungen der Corona-Beschränkungen im Bundesland. Ab dem 30. Mai dürfen Kinos sowie Theater- und Konzertsäle öffnen – unter strengen Auflagen. Wie diese Auflagen im Detail aussehen werden, wird gegenwärtig erarbeitet. Gesetzt ist aber die allgemeine Abstandsregel von 1,50 Meter und strenge Regulierungen bei Ein- und Auslass. Ansammlungen von Menschen in Wartebereichen sollen vermieden werden – „durch verstärkten Ordnereinsatz“, wie es die Landesregierung in ihren Neuregelungen formuliert.
Diese Auflagen und die Nachwirkungen der Lockdown-Monate werden
zu deutlichen Umsatzeinbußen der Kinos nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs
führen. Eine schnelle Rücknahme der Auflagen, ein normaler Kinoalltag wie in
der Vor-Corona-Zeit, scheint in weiter Zukunft zu liegen. Auf die Betreiber im
Land wartet ein besonders schwieriger Kinosommer.
Die von Armin Laschet verkündeten Lockerungen sind umfassend und sie kommen schnell: Schon ab heute können wieder öffentliche und private Sportanlagen im Freien benutzt werden, in wenigen Tagen folgen Fitnesscenter und Sporthallen. Zunächst nur, wenn Körperkontakt vermieden wird, doch „die Ausübung von Sportarten auch mit unvermeidbarem Körperkontakt und in geschlossenen Räumen“ soll ab 30. Mai wieder gestattet werden. Zahlreiche weitere Lockerungen sind ebenso beschlossen.
Einen ähnlichen Fahrplan hatte die Landesregierung vor einer Woche bereits vorgestellt. Seine rasche Umsetzung schien vor wenigen Tagen aber noch unrealistisch. Doch viele Länder zogen mit ihren Plänen nach und befeuerten somit die raschen und umfassenden Lockerungen, die die Bundeskanzlerin gestern präsentierte.
Seven Weeks Later
Seit sieben Wochen sind die Kinos in Köln geschlossen, am
30. Mai werden es zweieinhalb Monate gewesen sein. Wie der Spielbetrieb in der
weiteren Pandemie-Zeiten konkret aussehen wird, weiß momentan noch niemand. Fest
steht, dass vieles von dem, was einen wirtschaftlich erfolgreichen Kinobetrieb
ausmacht, gegenwärtig und in naher Zukunft nicht denkbar ist: randvolle
Kinosäle, volle Foyers, Gedränge, Schlangen. Einige konkrete Probleme lassen
sich durch die Beschränkungen und die unterschiedlichen Lockerungen der Länder
ausmachen:
Begrenztes Publikum
Was eine Abstandsregeln von 1,5 Metern in Kinosälen bedeutet, haben einzelne Theaterleiter bereits ausprobiert: circa 20 bis 35 Prozent Auslastung je nach Bestuhlung des Saales und Auslegung der Regeln, wie groß einzelne Gruppen von Zuschauern sein können.
Damit sind die Starts größerer Filme gefährdet, denn ein Verleih wird sehr genau erwägen, ob er bei erwartbar niedrigeren Zuschauerzahlen seinen Film nicht weiter verschieben kann. Auch Sonderveranstaltungen von Kinos und Filminitiativen, die auf einen vollen Saal zahlender Zuschauer kalkuliert sind, sind unter diesen Bedingungen ein besonderes Wagnis.
Gleichzeitig sehen die neuen Regelungen vor, dass nur „Veranstaltungen mit weniger als 100 Personen“ in großen Räumen gestattet sind. Die größten Kinosäle der Stadt würden also noch weniger Zuschauer aufnehmen können, als es schon durch die Abstandregel bedingt ist.
Außerdem bleibt der Faktor „Sommer“ auch im Jahr 2020 eine bleibende
Herausforderung, besonders wenn gleichzeitig zu den Kinosälen auch zahlreiche
andere Freizeit und Kultur-Angebote erstmals nach Wochen wieder zugänglich
sind.
Zusätzliche Kosten bei verminderten Einnahmen
Besondere Anschaffungen zur Einhaltung der Hygienekonzepte wie Plexiglasscheiben, Desinfektionsmittel und zusätzliche Kosten für Reinigung und Kontrolle der Zuschauerströme werden nötig. Spekulativ ist die Frage, ob es eine Maskenpflicht für Zuschauer nur im Foyer geben wird oder auch im Kinosaal. Letzteres könnte bedeuten, dass von vornherein der Verkauf von Getränken und Snacks unterbunden bleibt, was für viele Kinos eine wichtige oder sogar elementare Einnahmequelle ist.
Zahlreiche Kinos konnten in den Wochen der Schließung durch den Verkauf von Gutscheinen die weggebrochenen Einnahmen zum Teil kompensieren. Doch nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs werden diese auch wieder eingelöst werden, sodass dann Einnahmen in den Sommermonaten fehlen werden. Auch gestundete Mieten oder Steuervorzahlungen könnten nach der Wiedereröffnung später im Jahr die Unternehmenskonten zusätzlich belasten.
Ziehen weitere Länder und Verleiher nach?
Stand heute, 7. Mai, sind nur in wenigen Bundesländern die Wiedereröffnungen von Kinos geplant, darunter NRW (30. Mai), Sachsen (18. Mai), Schleswig-Holstein (18. Mai) und Hessen (15. Mai). In Thüringen könnten sie auch bald kommen, sollen aber von Städten und Kommunen individuell entschieden werden. In großen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg stehen derzeit noch keine Termine für Kinoeröffnungen an, in anderen Ländern sind die Absichten noch vage.
Dies bedeutet für die Verleiher von Kinofilmen, dass sie nur mit einer sehr begrenzten Auswertung rechnen können und deshalb oft mit Start-Ankündigungen abwarten werden, zumindest bis sich das Bild der Beschränkungen in Deutschland weiter vereinheitlicht hat. Andere könnten die Gunst der Stunde nutzen wollen, denn nach einer flächendeckenden Kinoöffnung in Deutschland bei weiter positivem Pandemieverlauf könnte ein übervoller Filmstart-Kalender im Herbst und Winter die Auswertung ebenfalls erschweren.
Gleichzeitig haben Streaming-Dienste, zu denen sich gerade in Deutschland der Riese Disney+ gesellt hat, in den vergangenen Wochen weiter Boden gut gemacht. Direct-to-Stream-Filmstarts haben in den letzten Wochen zusätzlich die Bedeutung des Kinofensters weiter erodiert, das den Kinos vor Streamingdiensten und Homemedia die erste Filmauswertung sichert.
In jedem Fall müssen die Kinomacher in Nordrhein-Westfalen
kreativ werden, was die ersten Spielwochen angeht. Und:
Weitere Hilfen sind nötig
Selbst unter besten Voraussetzungen und bei weiteren positiven Entwicklungen werden die Kinos in den kommenden Monaten aufgrund der Beschränkungen und den langfristigen Auswirkungen der Pandemie weitere Unterstützungen durch Land, Bund und Stadt benötigen, um die Krise dauerhaft zu überstehen. Denn deren Auswirkungen auf Filmproduktion, Distribution, Filmpresse etc. sind sehr vielfältig und langanhaltend.
Das Prinzip Hoffnung mit Blick auf das Publikum
Die Kölner Kinos haben in den vergangenen Wochen einen
überwältigenden Zuspruch durch Gutscheinkäufe, Spenden und zahllose Postings,
Emails und Nachrichten erfahren. So mischt sich in alle berechtigen Sorgen um
die kommende Zeit auch Hoffnung und Vorfreude bei Kinomachern und Publikum. Auf
ein baldiges Wiedersehen mit der Leinwand und dem Erlebnis Kino, ob mit oder
ohne Mundschutz.
Und dann ging alles ganz schnell: Gestern verkündete NRW-Ministerpräsident Armin Laschet einen mehrstufigen Plan für umfangreiche Lockerungen der Corona-Beschränkungen im Bundesland. Ab dem 30. Mai dürfen Kinos sowie Theater- und Konzertsäle öffnen – unter strengen Auflagen. Wie diese Auflagen im Detail aussehen werden, wird gegenwärtig erarbeitet. Gesetzt ist aber die allgemeine Abstandsregel von 1,50 Meter und strenge Regulierungen bei Ein- und Auslass. Ansammlungen von Menschen in Wartebereichen sollen vermieden werden – „durch verstärkten Ordnereinsatz“, wie es die Landesregierung in ihren Neuregelungen formuliert.
Diese Auflagen und die Nachwirkungen der Lockdown-Monate werden zu deutlichen Umsatzeinbußen der Kinos nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs führen. Eine schnelle Rücknahme der Auflagen, ein normaler Kinoalltag wie in der Vor-Corona-Zeit, scheint in weiter Zukunft zu liegen. Auf die Betreiber im Land wartet ein besonders schwieriger Kinosommer.
Die von Armin Laschet verkündeten Lockerungen sind umfassend und sie kommen schnell: Schon ab heute können wieder öffentliche und private Sportanlagen im Freien benutzt werden, in wenigen Tagen folgen Fitnesscenter und Sporthallen. Zunächst nur, wenn Körperkontakt vermieden wird, doch „die Ausübung von Sportarten auch mit unvermeidbarem Körperkontakt und in geschlossenen Räumen“ soll ab 30. Mai wieder gestattet werden. Zahlreiche weitere Lockerungen sind ebenso beschlossen.
Einen ähnlichen Fahrplan hatte die Landesregierung vor einer Woche bereits vorgestellt. Seine rasche Umsetzung schien vor wenigen Tagen aber noch unrealistisch. Doch viele Länder zogen mit ihren Plänen nach und befeuerten somit die raschen und umfassenden Lockerungen, die die Bundeskanzlerin gestern präsentierte.
Seven Weeks Later
Seit sieben Wochen sind die Kinos in Köln geschlossen, am 30. Mai werden es zweieinhalb Monate gewesen sein. Wie der Spielbetrieb in der weiteren Pandemie-Zeiten konkret aussehen wird, weiß momentan noch niemand. Fest steht, dass vieles von dem, was einen wirtschaftlich erfolgreichen Kinobetrieb ausmacht, gegenwärtig und in naher Zukunft nicht denkbar ist: randvolle Kinosäle, volle Foyers, Gedränge, Schlangen. Einige konkrete Probleme lassen sich durch die Beschränkungen und die unterschiedlichen Lockerungen der Länder ausmachen:
Begrenztes Publikum
Was eine Abstandsregeln von 1,5 Metern in Kinosälen bedeutet, haben einzelne Theaterleiter bereits ausprobiert: circa 20 bis 35 Prozent Auslastung je nach Bestuhlung des Saales und Auslegung der Regeln, wie groß einzelne Gruppen von Zuschauern sein können.
Damit sind die Starts größerer Filme gefährdet, denn ein Verleih wird sehr genau erwägen, ob er bei erwartbar niedrigeren Zuschauerzahlen seinen Film nicht weiter verschieben kann. Auch Sonderveranstaltungen von Kinos und Filminitiativen, die auf einen vollen Saal zahlender Zuschauer kalkuliert sind, sind unter diesen Bedingungen ein besonderes Wagnis.
Gleichzeitig sehen die neuen Regelungen vor, dass nur „Veranstaltungen mit weniger als 100 Personen“ in großen Räumen gestattet sind. Die größten Kinosäle der Stadt würden also noch weniger Zuschauer aufnehmen können, als es schon durch die Abstandregel bedingt ist.
Außerdem bleibt der Faktor „Sommer“ auch im Jahr 2020 eine bleibende Herausforderung, besonders wenn gleichzeitig zu den Kinosälen auch zahlreiche andere Freizeit und Kultur-Angebote erstmals nach Wochen wieder zugänglich sind.
Zusätzliche Kosten bei verminderten Einnahmen
Besondere Anschaffungen zur Einhaltung der Hygienekonzepte wie Plexiglasscheiben, Desinfektionsmittel und zusätzliche Kosten für Reinigung und Kontrolle der Zuschauerströme werden nötig. Spekulativ ist die Frage, ob es eine Maskenpflicht für Zuschauer nur im Foyer geben wird oder auch im Kinosaal. Letzteres könnte bedeuten, dass von vornherein der Verkauf von Getränken und Snacks unterbunden bleibt, was für viele Kinos eine wichtige oder sogar elementare Einnahmequelle ist.
Zahlreiche Kinos konnten in den Wochen der Schließung durch den Verkauf von Gutscheinen die weggebrochenen Einnahmen zum Teil kompensieren. Doch nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs werden diese auch wieder eingelöst werden, sodass dann Einnahmen in den Sommermonaten fehlen werden. Auch gestundete Mieten oder Steuervorzahlungen könnten nach der Wiedereröffnung später im Jahr die Unternehmenskonten zusätzlich belasten.
Ziehen weitere Länder und Verleiher nach?
Stand heute, 7. Mai, sind nur in wenigen Bundesländern die Wiedereröffnungen von Kinos geplant, darunter NRW (30. Mai), Sachsen (18. Mai), Schleswig-Holstein (18. Mai) und Hessen (15. Mai). In Thüringen könnten sie auch bald kommen, sollen aber von Städten und Kommunen individuell entschieden werden. In großen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg stehen derzeit noch keine Termine für Kinoeröffnungen an, in anderen Ländern sind die Absichten noch vage.
Dies bedeutet für die Verleiher von Kinofilmen, dass sie nur mit einer sehr begrenzten Auswertung rechnen können und deshalb oft mit Start-Ankündigungen abwarten werden, zumindest bis sich das Bild der Beschränkungen in Deutschland weiter vereinheitlicht hat. Andere könnten die Gunst der Stunde nutzen wollen, denn nach einer flächendeckenden Kinoöffnung in Deutschland bei weiter positivem Pandemieverlauf könnte ein übervoller Filmstart-Kalender im Herbst und Winter die Auswertung ebenfalls erschweren.
Gleichzeitig haben Streaming-Dienste, zu denen sich gerade in Deutschland der Riese Disney+ gesellt hat, in den vergangenen Wochen weiter Boden gut gemacht. Direct-to-Stream-Filmstarts haben in den letzten Wochen zusätzlich die Bedeutung des Kinofensters weiter erodiert, das den Kinos vor Streamingdiensten und Homemedia die erste Filmauswertung sichert.
In jedem Fall müssen die Kinomacher in Nordrhein-Westfalen kreativ werden, was die ersten Spielwochen angeht. Und:
Weitere Hilfen sind nötig
Selbst unter besten Voraussetzungen und bei weiteren positiven Entwicklungen werden die Kinos in den kommenden Monaten aufgrund der Beschränkungen und den langfristigen Auswirkungen der Pandemie weitere Unterstützungen durch Land, Bund und Stadt benötigen, um die Krise dauerhaft zu überstehen. Denn deren Auswirkungen auf Filmproduktion, Distribution, Filmpresse etc. sind sehr vielfältig und langanhaltend.
Das Prinzip Hoffnung mit Blick auf das Publikum
Die Kölner Kinos haben in den vergangenen Wochen einen überwältigenden Zuspruch durch Gutscheinkäufe, Spenden und zahllose Postings, Emails und Nachrichten erfahren. So mischt sich in alle berechtigen Sorgen um die kommende Zeit auch Hoffnung und Vorfreude bei Kinomachern und Publikum. Auf ein baldiges Wiedersehen mit der Leinwand und dem Erlebnis Kino, ob mit oder ohne Mundschutz.
Werner Busch
Foto Armin Laschet: © Land NRW, 6.5.2020